S04 - die Uschis vom Revier
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Ach, die armen Schalker! Erneut kurz vor dem Ziel abgefangen, nun greift das Selbstmitleid in Gelsenkirchen wieder um sich. Langsam ist das nur noch albern. Bei den Jammerlappen in Königsblau ist eher Fremdschämen angesagt. Mannomann, man kann es echt nicht mehr ertragen, dieses Gelsenkirchener Jammertal. Fast jedes Jahr das gleiche: Schalke vergeigt irgendwas. Beim ersten Mal wars ja noch traurig, beim zweiten Mal dramatisch, aber langsam ist es nur noch albern, mit ansehen zu müssen, wie sich erwachsene Männer in einem Meer aus Bier und Tränen angreinen. Fremdschämen nennt man das. Nie war es leichter, Meister zu werden als in dieser Saison. Das hätte Preußen Münster ja sogar fertig gebracht, mit der alten Truppe, mit Tybussek, Eiteljörge und Lulka. Doch Chancen nutzen, das tut man nicht bei Blau und Weiß. Lieber flennen. ""Mir tut es unglaublich leid für diese Truppe"", sagt Trainer Mirko Slomka auch noch voller Verständnis. Wie bitte? In den Hintern treten soll er seinen Weichmännern, die in den letzten Wochen zuhause gegen Leverkusen und den HSV verloren haben, dann in Bochum und jetzt in Dortmund. Nur ein Sieg, und das Gejammere wäre nicht nötig. Die Heulsusen auf Schalke nerven ganz besonders, wenn sie ihr Versagen mit Schicksal erklären oder ungerechten Fußballgöttern. Alles Quatsch. Dieses ewige Schielen nach der höheren Gewalt, die es ja ach so schlecht meint mit den Gelsenkirchenern, ist symptomathisch für einen Verein, der es sich in der Opferrolle bequem gemacht hat. Psychologen werden eines Tages herausfinden, dass das Schalker Unterbewusstsein gar nicht gewinnen will. Das selbstgewählte Verharren im Elend ist womöglich eine Weigerung, in der Realität anzukommen, ein Wesenszug, der in Gelsenkirchen generell stärker ausgeprägt sein soll als im Rest des Ruhrgebiets. Hier regiert der FC Angst 04. Kein Bundesliga-Club außer dem FC Bayern ist dermaßen der Vergangenheit zugewandt, nirgendwo verwechselt man Nostalgie so beharrlich mit Zukunft, nirgendwo schieben Spieler, Trainer und Fans die Verantwortung so bereitwillig auf andere. Immer sind andere schuld, immer ist Schalke armes Opfer, und immer, wenn es ernst wird, duckt sich die Truppe weg. Das ist Morbus Lafontaine. Schalke, das ist die Linkspartei der Liga, eindrucksvoll belegt durch den Hauptsponsor, einen undurchsichtigen Moskauer Staatskonzern. Man muss die Stuttgarter nicht mögen, aber ihren Willen zum Sieg unbedingt respektieren. Während Schalke in Dortmund so erbärmlich über den Acker stolperte wie eine betagte Bergmannskapelle, hat der VfB zweimal einen Rückstand ausgeglichen und dann auch noch gewonnen. So spielen Meister, echte Kerle, die im entscheidenden Moment jene paar Prozente aktivieren können, an die man im Training nie herankommt. Hier geht es um Willen, um Selbstbewusstsein und Entschlossenheit: Dinge, die man auf Schalke eben nicht drauf hat. Stuttgart wollte den Sieg - Schalke die Schlappe. Wäre wirklich prima, wenn sich dieser merkwürdige Gelsenkirchener Verein langsam mal von Schlappschwanztum und Loser-Kult befreien würde. Sonst haben wir nächste Saison wieder genau die gleiche Arie: Gut spielen, am Ende wieder nicht Meister werden und das ganze peinliche Lamento noch mal von vorn. S 04, das sind die Uschis vom Revier.